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Sunday, July 19, 2020

Bremer Biologe setzt sich für Rettung eines seltenen Vogels ein - WESER-KURIER

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Der Löffelstrandläufer gilt als einer der seltensten Vögel der Erde und ist vom Aussterben bedroht.

Der Löffelstrandläufer gilt als einer der seltensten Vögel der Erde und ist vom Aussterben bedroht. (Sayam U.Chowdhury)

„Spoonie“ ist ein kleiner Watvogel, dessen Schnabel am Ende löffelartig verbreitert ist: Der Löffelstrandläufer brütet im äußersten Nordosten Russlands, in Tschuktschien und Nord-Kamtschatka, einem vergleichsweise winzigen Tundrengebiet – einer abgelegenen Welt der Bären und Riesenseeadler. Im Winter zieht er weite Strecken bis nach Süd- und Südostasien und folgt dabei der Pazifikküste von Japan, Nord- und Südkorea und China. Auf dem Zugweg und in den Winterquartieren ist er auf Schlammflächen entlang der Ozeane angewiesen, stochert im weichen Boden nach Würmern und Krebsen und sammelt auf Wasseroberflächen Insekten – dabei setzt er seinen löffelartigen Schnabel zum Nahrungserwerb ein.

Der Löffelstrandläufer gilt als einer der seltensten Vögel der Erde, der Bestand ist in den letzten drei Jahrzehnten um rund 90 Prozent zurückgegangen. Heute gibt es schätzungsweise nur noch etwa 220 bis 300 Brutpaare. Der dramatische Rückgang veranlasste die Vogelschutzorganisation Bird Life Asia, einen internationalen Artenschutzplan zu erstellen und umzusetzen.

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Der Aufwand, eine vom Aussterben bedrohte Vogelart zu retten, die sich in 14 Ländern aufhält, ist enorm: Zunächst musste eine bessere Datengrundlage durch aufwendige Erfassungen in abgelegenen Teilen Asiens geschaffen werden, später standen zähe politische Verhandlungen mit zahlreichen Staaten an, um Schutzkonzepte umzusetzen. Doch den Löffelstrandläufer vor dem Aussterben zu bewahren, bedeutet weit mehr, als nur eine Art zu retten: „Der Löffelstrandläufer ist eine Art Flaggschiff“, sagt der Bremer Biologe Christoph Zöckler, der sich seit vielen Jahren für den Erhalt dieser Vogelart engagiert.

„Mit ihm werden zugleich Wattbereiche mit Schlammbänken geschützt, die eine große Zahl weiterer Vogelarten beherbergen, die von den ungeheuren Biomassen zum Beispiel der Kleinkrebse im Boden leben – und die gesamte Tiergemeinschaft bildet für die fischende Bevölkerung an asiatischen Küsten die entscheidende Lebensgrundlage“, sagt ­Zöckler. Doch der Löffelstrandläufer stehe auch für Völkerverständigung und internationale Zusammenarbeit. „Denn nur, wenn mehrere Nationen sich für ihn einsetzen, kann er gerettet werden – er vermittelt als eine Art Botschafter zwischen den Völkern“, sagt er.

Christoph Zöckler, Biologe aus Bremen.

Christoph Zöckler, Biologe aus Bremen. (Jörn Hildebrandt)

Zerstörung der Schlammbänke

Eindeichungen zur Landgewinnung und die Schaffung immer neuer Industriegebiete entlang der Küsten haben den kleinen Watvogel dezimiert. Die Zerstörung der Schlammbänke und seichten Wasserflächen vernichtet die Fischbrut und hat damit Auswirkungen auf die Fischerei der heimischen Bevölkerung.

„In Japan und Korea sind bereits 70 Prozent der Wattflächen den Umnutzungen zum Opfer gefallen, und in China steigt die Zahl rasant an“, sagt Christoph Zöckler. Doch auch der Vogelfang spiele eine Rolle. Deshalb wurden in mehreren Ländern eigene Projekte zur Sensibilisierung der einheimischen Bevölkerung gestartet. Dazu zogen die Naturschützer von Dorf zu Dorf, um Alternativen zum Fangen von Vögeln mit Netzen oder Fallen aufzuzeigen.

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„In Myanmar wird der Vogelfang von der überwiegend armen Bevölkerung meist im Nebenerwerb betrieben“, sagt Zöckler. „Und als wir den Leuten verboten, Vögel zu fangen, waren sie eigentlich froh darüber, weil ihre buddhistische Religion ihnen das Töten von Tieren verbietet.“ Ganz anders sei es im islamisch geprägten Bangladesch: „Dort gab es weniger Skrupel, Vögel zu fangen. Es gelang nur über strenge Kontrollen und finanziellen Ausgleich, die Leute vom Vogelfang abzuhalten.“ Noch anders reagierte China: „In dem riesigen Gebiet, in dem der Löffelstrandläufer rastet, lief alles nur über politische Anweisung von oben: Doch als die Provinzverwaltung bereit war, den Vogelfang zu unterbinden, hatte die Polizei in kürzester Zeit hunderttausende von Netzen eingeholt“, berichtet Zöckler.

Überraschende Bereitschaft Chinas

Inzwischen ist es, auch dank der Bemühungen der Manfred-Hermsen-Stiftung in Bremen, gelungen, zwölf Küstenstaaten von Russland bis Bangladesch für den Schutz dieser charismatischen Vogelart zusammenzubringen. Überraschend war die Bereitschaft Chinas, eine führende Rolle beim Schutz dieser Art zu spielen. Wichtige Wattflächen in China wurden inzwischen in die Vorschlagsliste für das Weltnaturerbe „Gelbes Meer“ einbezogen. „Es ist schon faszinierend, wie schnell dieser Wertewandel in China einsetzt“, sagt Zöckler.

„Die Weltmacht setzt mehrere Milliarden Euro ein, um bereits zerstörte Küstenregionen wieder zu renaturieren.“ Auch in Thailand sei es in der Bucht von Bangkok bereits gelungen, die Lebensraumzerstörungen an den Küsten zu stoppen. Touristische Alternativen wurden aufgezeigt, in die „Spoonie“ als große Attraktion einbezogen ist. „Wichtig ist dabei, den lokalen Kleinfischern den Sinn des Naturschutzes zu vermitteln und daraus neue Allianzen zu schaffen“, sagt der Biologe. „Der Löffelstrandläufer steht wie ein Symbol für intakte Küstenlebensräume – und die Existenz vieler Millionen Menschen hängt davon ab.“




July 19, 2020 at 10:00AM
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